Krawalltouristen.

Photo von Phil Chambers

Photo von Phil Chambers

Gestern habe ich endlich Karten für das alljährliche Spektakel “Schanzenfest” zwischen Polizei und Autonomen bekommen. Ich wurde nicht enttäuscht – eine atemberaubende, imposante Show wurde dort gefeiert: Mit Feuershows, Wasserspielen und Sporteinlagen der Teenage Mutant Hero Turtles Polizei.

Jetzt werden sich einige fragen: Warum macht man das überhaupt? Warum geht man nicht mit seiner Freundin in den Pudel zum abhotten, sondern stattdessen zu einer total sinnlosen Straßenschlacht?

(Antwort nach dem Klick).

Aus Neugier und Sensationslust natürlich, zwei der ältesten menschlichen Eigenschaften. Schon damals im alten Rom haben die Zuschauer im Kolloseum mitangesehen, wie sich die Gladiatoren gegenseitig auf die Mütze gehauen haben. Genau das haben viele der gestern Anwesenden offenbar auch erwartet, nur getreu der heutigen Maxime “Mittendrin statt nur dabei” nicht von den Rängen (bzw. Balkonen), sondern direkt auf der Straße zwischen den Fronten. (Inklusive mir selbst)

Dort traf man betrunkene Unterschichtenmänner, die lautstark “Hamburger Jungens” skandierten und der Polizei Beleidungen an den Kopf die Vollschutzausrüstung warfen. Diese Betrunkenen gehörten allerdings definitiv nicht zum Schwarzen Block, den Autonomen. (Waren das die “erlebnisorientierten Randalierer”?). Man traf viele interessierte Mädchen, die auch mal ein bisschen Krieg miterleben wollten. Und natürlich traf man die leicht bescheuerten Jugendlichen, die sich beispielsweise ohne Grund nackt auf die Straße legten (Vermutlich um endlich auch mal festgenommen zu werden).

Wir standen jedenfalls dann irgendwann in der Susannenstraße und kamen nicht weiter. Vorn stand die Polizei, hinten standen die Randalierer und zündeten Barrikaden an (Wieso zünden die ihren eigenen Stadtteil an?). Dann begann das alte Rein-Raus-Spiel: Ein Wasserwerfer rückte begleitet von einigen Dutzend Polizisten an, fuhr in die Straße, löschte den Brand und pustete dabei noch ein paar Leute um. Den Wasserschützen im Wasserwerfer schien das jedenfalls einen Höllenspaß zu machen, sie lachten die ganze Zeit. (Wäre bei der Polizei auch einer meiner Traumjobs). Nach einiger Zeit fuhr der Wasserwerfer zurück, die Polizisten gingen mit ein paar Festgenommenen ebenfalls zurück sammelten sich am Anfang der Straße. Zehn Minuten später brannte wieder etwas, der Wasserwerfer fuhr rein, löschte, Festnahmen, Rückzug. Brand, Löschung, Festnahmen, Rückzug usw usf.

Provokationen von der Polizei habe ich nicht beobachten können, viel mehr von Seiten der Autonomen + Randalierer. Mit Sicherheit gibt es auf der Seite der Polizei auch einige Schläger, die gern auch ein paar mal Mal mehr als nötig draufhauen oder die Leute auch mal etwas stärker in den Dreck schubsen – alles miterlebt. Dennoch sind meine Sympathien schon relativ klar konzentriert, vor allem nach Sichtung der folgenden Videos.

httpvh://www.youtube.com/watch?v=nJnX7W1ErUg

httpvh://www.youtube.com/watch?v=ReWnF_iLTpg

Insgesamt ein mittelmäßig spannender Abend, die Polizei siegte nach Punkten, die Stadtreinigung schob Überschichten, die Haftrichter haben Arbeit vor sich.

Einige Dinge sind mir an der Polizei noch aufgefallen:

  • Die Schienbeinschoner sehen von hinten aus wie Römersandalen
  • Bei der Polizei weiß niemand, was die Symbole auf deren Rücken bedeuten
  • Die Behälter auf dem Rücken mancher Polizisten enthalten doch kein Tränengas, wie fälschlicherweise angenommen, sondern sind einfache Feuerlöscher. Für den Fall, dass mal einer brennt. Da wurde wohl mitgedacht.
  • Die Einsatzkräfte helfen bei der Vermüllung der Straße ordentlich mit, indem sie ihre isotonischen Sportlerdrinkflaschen einfach irgendwohin schmeißen. Da  sollte man als Staatsdiener schon mehr Vorbild sein.
  • Warum können diese Straßenschlachten nicht tagsüber stattfinden? Im Sommer ist bei brütender Hitze so eine Erfrischung aus dem Wasserwerfer bestimmt ein toller Spaß.

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